Bitkom zu Plänen für erleichterte Fachkräftezuwanderung

  • Chancenkarte und Punktesystem können Zuwanderung vereinfachen
  • Bitkom fordert spezifisches Programm für IT-Sektor und gezielte Ansprache von Fachkräften aus Russland und Belarus

Anlässlich des Fachkräfte-Gipfels und der Pläne des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für eine erleichterte Fachkräftezuwanderung erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder:

„Wir begrüßen die Initiative des Bundesarbeitsministers, die qualifizierte Zuwanderung zu erleichtern und zu fördern. Den spezifischen Anforderungen der digitalen Wirtschaft wird der Vorschlag aber nicht gerecht. Was vielleicht in der Pflege oder im Handwerk hilft, läuft im Wettbewerb um die klügsten digitalen Köpfe ins Leere. Der Vorschlag des Bundesarbeitsministeriums sollte an vier Stellen dringend nachgebessert werden, damit Deutschland auch für IT-Fachkräfte und Software-Spezialisten attraktiv wird. Sie brauchen oft keine Deutschkenntnisse und so sollten für sie die Anforderungen an Deutschkenntnisse vor der Einreise generell und nicht nur in Einzelfällen entfallen. Auch haben die meisten IT-Fachkräfte ihre Qualifikation jenseits der öffentlichen Bildungsinstitutionen erworben. IT-Spezialistinnen und -Spezialisten ohne einschlägigen Hochschulabschluss sollten ihre Kompetenz nicht von den in diesem Punkt ohnehin überforderten Behörden überprüfen lassen müssen. Stattdessen sollte genügen, wenn künftige Arbeitgeber die Befähigung zur Ausübung des angebotenen Jobs bescheinigen. Außerdem sollten IT-Fachkräfte aus Russland und Belarus, die den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ablehnen, nachweislich für freiheitlich-demokratische Werte eintreten und in Deutschland arbeiten und leben möchten, gesondert angesprochen und gezielt angeworben werden. Unser Vorschlag für ein Sofortprogramm #greencard22 sieht vor, dass IT-Fachkräfte aus Russland und Belarus innerhalb einer Woche eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, sofern ihnen ein Jobangebot vorliegt. Neben der Beschleunigung von Visa- und Berufserkennungsverfahren sollte der Antrag komplett digitalisiert und es sollten verbindliche Bearbeitungsfristen gesetzt werden. Ergänzend dazu muss Einwanderungswilligen praktische Unterstützung bei organisatorischen, bürokratischen und alltäglichen Fragen geleistet werden.

Der IT-Fachkräftemangel ist ein strukturelles Problem. In der deutschen Wirtschaft fehlen 96.000 IT-Spezialistinnen und -Spezialisten. Diese Lücke wird sich in Zukunft weiter vergrößern. Damit rechnen zwei von drei Unternehmen. Zudem wirken Klimakrise, Corona-Pandemie und die geopolitische Zäsur, die durch den russischen Überfall auf die Ukraine ausgelöst wurde, wie ein Katalysator für die Digitalisierung. Digitalisierung ist die wichtigste Antwort auf diese Krisen, weil wir damit unsere Krisenresilienz und Souveränität steigern können – in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Und nicht zuletzt befeuert der demografische Wandel das Problem zusätzlich. In den kommenden Jahren geht die Generation der Babyboomer in den Ruhestand. Das betrifft auch viele derzeit noch beruflich aktive IT-Expertinnen und -Experten. Mit in Deutschland ausgebildeten Fachkräften können wir diese Lücke nicht schließen. Beispielsweise haben 2020 nur knapp 29.000 Studierende, darunter etwa 6.000 Frauen, ihr Informatikstudium abgeschlossen.

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, sind wir zwingend auch qualifizierte Zuwanderung angewiesen. Die Pläne des Bundesarbeitsministers, die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften mit einer Chancenkarte und einem transparenten Punktesystem zu vereinfachen, können den deutschen Arbeitsmarkt attraktiver machen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das System ist unkompliziert, verständlich und pragmatisch. Gerade die Digitalisierung der Visaverfahren ist ein Beitrag, bürokratische Prozesse zu verschlanken und zu vereinfachen."

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